Petition
Petition: Keine Windräder im Wald der Vorderrhön: Gegen das Windvorranggebiet W-4 Stadtlengsfeld
Welches Ziel hat die Petition?
Die Petition richtet sich gegen die geplante Errichtung von
Windkraftanlagen in einem geschlossenen, weiträumigen und bislang
ungestörten Waldgebiet der Thüringischen Rhön, zwischen Stadtlengsfeld
und Bad Salzungen-Hämbach gelegen.
In dominanter, bis 490m hoher Kammlage des trennenden
Bornkopf-Höhenzuges sollen zukünftig 20 bis 30 Windkraftanlagen mit
einer Gesamtbauhöhe bis zu 250m Höhe errichtet werden können. Das hat
einschneidende Auswirkungen auf den Lebensraum der Bevölkerung im
unteren Feldatal und der angrenzenden Werraaue sowie auf die Flora und
Fauna im größten zusammenhängenden Waldgebiet der Vorderrhön.
Die eigens gegründete “Bürgerinitiative gegen das Windkraftgebiet
W-4 Stadtlengsfeld“ (www.protest-gegen-w4.de) wendet sich gegen die
Industrialisierung des hiesigen Waldes mit allen Folgen für die
Weiterentwicklung des Kur- und Bäderwesens sowie des Tourismus. Sie
steht für den Schutz der heimischen Natur und Landschaft.
Ziel ist es, die Ausweisung eines Windkraft-Vorranggebietes im Waldgebiet der Vorderrhön zu verhindern.
Welche Entscheidung wird beanstandet?
Die aktuelle Thüringer Landesregierung forciert den Ausbau
von Windenergieanlagen. Diese sollen nun nicht nur im Offenland sondern
zunehmend auch in den Thüringer Wäldern errichtet werden. Die regionalen
Planungsgemeinschaften sollen hierfür die planungsrechtlichen
Grundlagen schaffen.
Diesbezüglich wurden im Rahmen des Entwurfs des Regionalplans
Südwestthüringen vom 27.11.2018 mehrere Prüfflächen in den umliegenden
Wäldern um Stadtlengsfeld (PF-WAK23, PF-WAK24, PF-WAK25) ausgewiesen und
untersucht. Im Ergebnis wurde ein 293ha großes Teilgebiet der
Prüffläche PF-WAK24 als Vorranggebiet für Windenergie (Vorranggebiet
„W-4 Stadtlengsfeld“) in den aktuellen Entwurf des Regionalplans
aufgenommen (Pkt.3.2.2).
Diese Entscheidung wird durch die Petition beanstandet – es wird die
Herausnahme des Windvorranggebiets „W-4 Stadtlengsfeld“ aus dem
Regionalplan Südwestthüringen gefordert!
Bei der Aufstellung von Regionalplänen, die in die Lebensgrundlagen von Mensch, Tier und Natur eingreifen, müssen die betroffenen Bürger, anders als wie gegenwärtig praktiziert, sehr frühzeitig am Planungsprozess beteiligt werden!
Welche Behörde hat diese Entscheidung getroffen?
Regionale Planungsgemeinschaft Süd-Westthüringen
beim Thüringer Landesverwaltungsamt
Karl-Liebknecht-Straße 4
98527 Suhl
Wie wird die Petition begründet?
Natur und Umwelt
Das geplante Windenergie-Vorranggebiet W4 liegt inmitten eines
ausgedehnten, geschlossenen Waldgebietes der Vorderrhön, welches im
Thüringer Landesentwicklungsplan 2025 (LEP2025 von 2014, Pkt.6.1) als
„Freiraumverbundsystem Waldlebensräume“ ausgewiesen ist.
Die Errichtung von Windkraftanlagen stellt nach §6 des Thüringer
Gesetzes für Natur und Landschaft (ThürNatG) einen Eingriff in Natur und
Landschaft dar. Die Ausweisung eines Vorranggebietes für Windenergie im
Wald mit einer zulässigen Konzentration von einer Vielzahl übergroßer
Windenergieanlagen führt zu einer Nutzungsänderung des betroffenen
Waldgebietes verbunden mit einer drohenden Industrialisierung des
Waldes. Das steht im Widerspruch zu den definierten Schutzzielen von
Freiraumverbundsystemen.
Durch die erforderlichen Rodungsarbeiten wird das geschlossene
Waldgebiet partiell aufgebrochen und zerstückelt; Boden, Wasserhaushalt
und das lokale Waldklima werden empfindlich gestört. Einen weiteren
Beitrag dazu leistet das gegenwärtig landesweit einsetzende
Fichtensterben. Im Zusammenhang mit zunehmenden Extremwetterereignissen
(Starkregen, Windstürme) auch in unserer Region steigt damit die Gefahr
von Waldbruch und Bodenerosion.
Wir halten die angestrebte Energiewende für unsinnig, wenn man das zerstört, was man eigentlich durch sie bewahren will – die NATUR.
Kurwesen und Tourismus
Entsprechend des Thüringer Landesentwicklungsplans 2025 (LEP2025 von
2014, Pkt.4.4) und des noch aktuell gültigen Regionalplans
Südwestthüringen (RP von 2011/2012, Pkt.4.6) sollen Tourismus und
Erholung sowie das Kurwesen als bestimmender Wirtschaftsfaktor in
unserer Region gesichert und weiter entwickelt werden. Diesem Ziel steht
die Ausweisung des Vorranggebiets W-4 kontraproduktiv gegenüber. Das
Windvorranggebiet W-4 führt zu einer massiven visuellen Beeinträchtigung
des Landschaftsbildes des Werratals und der Vorderrhön. Die Ausweisung
dieses Vorranggebietes ist aufgrund seiner Größe, seiner exponierten
Lage, der zu erwartenden Höhe der Windenergieanlagen (WEA), der
Unverbrauchtheit der umgebenden Landschaft und der regionalen
Abhängigkeit vom Kurwesen und Tourismus planerisch nicht akzeptabel. Die
Kulisse der Werraaue und der Vorderrhön wird durch den geplanten
Windpark stark technogen überprägt.
Werraaue und Vorderrhön werden vom Gesundheits-, Wellness- und
Erholungstourismus sowie auch zur Naherholung der Bevölkerung intensiv
genutzt. Eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Umfeld von
Kurstandorten führt auch zur Beeinträchtigung der Erholungsfunktion.
Gerade für eine psychosomatische Klinik wie der Dr.-Becker
-Burg-Klinik in Stadtlengsfeld ist eine intakte Landschaft und Umgebung
für den Erholungs- und Heilungsprozess der Patienten besonders wichtig.
Überdimensionale Windkraftanlagen in 1000m Entfernung sind für den
Heilungsprozess dieser sensiblen Patientengruppe nicht gerade förderlich
und wirken sich störend bei der Stabilisierung und Weiterentwicklung
des Kurwesens in der Region aus.
Das ausgedehnte Waldgebiet wird sowohl von den Patienten und Kurgästen als auch von der einheimischen Bevölkerung für Ausflüge und zur Erholung genutzt. Hier befindet sich die regional beliebte Ausflugsgaststätte „Hundskopf“, die über die vielen Waldwanderwege vom Feldatal bzw. Werratal her erreichbar ist. Die Wege führen direkt durch das geplante Vorranggebiet.
Der Tourismus in der Rhön wird unter dem Motto „Land der weiten
Ferne“ bzw. „Heimat mit Weitblick“ vermarktet. Die erlebbaren
weiträumigen Blickbeziehungen werden als ein prägnantes und besonderes
Merkmal bei der Förderung des Tourismus in den Vordergrund gestellt.
Diese Fernblicke reichen aus der tiefen Vorderrhön (z.B. Gläserberg,
Umpfen, Neuberg etc.) bis zum Thüringer Wald (Blickpanorama von Eisenach
bis Suhl reichend) und sollen auch über die ausgewiesenen Wanderwege
von den Touristen und Heimatfreunden nachvollzogen werden können. Durch
die Windradaufstellung in exponierter Kammlage (Gesamthöhe Berg+Windrad
bis zu 740m!) werden die Fernblickbeziehungen in nordöstlicher Richtung
äußerst beeinträchtigt. Auf markanten erwanderbaren Höhenpunkten der
Vorderrhön wie Baier, Horn,Arzberg, Pless, Stoffelskuppe, etc. (Abstand
zum Gebiet >5km<10km) werden die weiträumigen Blickbeziehungen
erheblich gestört.
Die visuelle Verletzung des Landschaftsbildes setzt sich auf der
Werraseite fort. Besonders betroffen sind die Sichtachsen in Richtung
Rhön vom Kulturerbestandort „Schloss Altenstein“ bei Bad Liebenstein und
von der „Krayenburg“ aus, einem beliebten Ausflugsziel im westlichen
Werratal. Bei einer zu erwartenden Anlagenhöhe der WEA von 250m werden
diese die landschaftsprägende Kreyenburg um 300 m überragen.
Durch das betroffene Waldgebiet führen zwei touristisch bedeutsame, länderübergreifende Wanderwege:
– der „Rhön-Höhenweg“ als Fernwanderweg zwischen Bad Salzungen und Burgsinn und
– der östlich tangierende Premiumweg „Hochrhöner“, von Bad Kissingen bis Bad Salzungen führend.
Desweiten verlaufen unmittelbar links und rechts des betroffenen
Höhenzuges die länderübergreifenden Radwege „Werratal-Radweg“ sowie
„Rhönradweg“ (Radfernwege) und „Feldatal-Radweg“ (Radhauptweg).
Kurwesen und Tourismus leben von einer intakten Landschaft und einem ungestörten, natürlichen Landschaftsbild. Die Ausweisung eines raumprägenden Windenergie-Industriegebietes in Kammlage der Vorderrhön ist für den Fortbestand und die Entwicklung dieser regional bedeutsamen Wirtschaftsfaktoren absolut schädlich.
Gesundheit und Lebensqualität
Die durch Windkraftanlagen verursachten Geräuschemissionen stellen
eine Gefährdung für den Menschen dar. Es werden regelmäßig Lärmpegel von
über 100 db(A) erreicht.
Wenig erforscht sind die Auswirkungen des Infraschalls auf den
Menschen. Diesbezüglich schließt das Umweltbundesamt Gesundheitsschäden
durch eine kurz- und langfristige Exposition gegenüber Infraschall nicht
aus. Anwohner in der Nähe von WEA machen Infraschall für zahlreiche
gesundheitliche Probleme verantwortlich: Erschöpfung, Schlaflosigkeit,
Kopfschmerzen, Atemnot, Depressionen, Rhythmusstörungen, Übelkeit,
Tinnitus, Schwindel, Ohrenschmerzen, Seh- und Hörstörungen und etliche
andere.
Bevor Menschen Infraschall durch WEA ausgesetzt werden, sind also
Forschungen zu den Folgen erforderlich, die „experimentelle Anwendung“
am Menschen ist zu unterlassen.
Ein weiteres Problem sind die optischen Effekte (Schattenwurf) der
sich bewegenden Rotoren und Flügel. Gerade bei tiefstehender Sonne /
Lichteinfall werden extrem lange Schlagschatten verursacht. Verstärkt
wird dieser Effekt auch noch dadurch, dass die WEA in erhöhter Kammlage
gegenüber den tiefer gelegenen Ortschaften stehen.
Um die Beeinträchtigungen auf den Menschen zu reduzieren sind
Mindestabstände zu Siedlungsbereichen erforderlich. Das Bundesland
Bayern hat hierfür vorsorglich die auf die jeweilige Windanlagenhöhe
bezugnehmende 10H-Regelung eingeführt. In Thüringen ist unabhängig von
der Windanlagenhöhe pauschal nur ein Abstand von 1000m einzuhalten, für
Einzelgebäude im Wald (wie z.B. das Hundskopf-Waldgasthaus) sogar nur
ein Mindestabstand von 600m. Mit den aktuellen Anlagenhöhen wird somit
nur ein Mindestabstand von 4H bzw. 2,4H sichergestellt.
Die Aufstellung von WEA in der Nähe von Ortschaften hat erheblichen Einfluss auf die Immobilienwerte. Einer Studie des Leibnitz Instituts für Wirtschaftsforschung zu folge sinkt der Wert eines Hauses in etwa 1km Entfernung um bis zu 23%. Dies ist eine Entwertung, die für viele Familien existenzbedrohende Auswirkungen hat.
Schutz seltener Tierarten
Das ausgewiesene Windvorranggebiet W-4 ist Bestandteil des größten
zusammenhängenden Waldgebietes im Felda-Werra-Bergland der Vorderrhön.
Es ist Lebensraum geschützter und seltener Tierarten. Es ist Brutgebiet
des Rotmilans, sowie Laichgebiet des Feuersalamanders und des
Bergkammmolches. In der Vergangenheit hat es Brutversuche des
Schwarzstorches in der Nähe des Vorranggebietes W-4 gegeben. Ein
Zugkorridor für Wasservögel inkl. Schreit- und Kranichvögel („Seebach –
Bad Salzungen – Oberweid“) tangiert das Gebiet. Die kleine
Bartfledermaus und die Zwergfledermaus sind hier ansässig
(Sommerquartier/ Wochenstube). Die aufzustellenden Windenergieanlagen
wie auch die zu erwartenden großflächigen Rodungs- und Erdarbeiten
bedrohen bzw. zerstören den Lebensraum dieser schützenswerten Spezies.
Wir sind der Überzeugung, die Energiewende muss im Einklang mit der Natur, der Landschaft und dem Lebensraum der Menschen und Tiere stehen.
Brandschutz im Wald
Mit der Aufstellung von Windenergieanlagen in geschlossenen
Waldgebieten ergeben sich erhöhte Anforderungen an den vorbeugenden
Brandschutz. Die riesigen Flügel der Anlagen bestehen aus brennbarem
Material. Brände durch Blitzschlag oder technischen Defekt sind durch
die Feuerwehren sowohl personell und ausstattungstechnisch als auch
aufgrund der Anlagenhöhe und der fehlenden Infrastruktur im Wald nicht
löschbar. Das kontrollierte „Abbrennenlassen“, wie im Offenland
praktiziert, würde im Brandfall im Waldgebiet zu einem Totalverlust des
Baumbestandes, insbesondere zu Zeiten erhöhter Trockenheit, führen.
Zusätzliche Gefahren ergeben sich zeitgleich für waldnahe Wohnbebauungen
und im Wald befindliche Gebäude, in denen sich auch Menschen aufhalten.
Das einzig wirksamste Mittel wäre ein vegetationsfreier
Brandschutzgürtel um jede Anlage. Bei Rotordurchmessern von gegenwärtig
140m und einer entsprechenden Streuung im Schadensfall müsste der
Schutzgürtel pro Windrad mehrere 100m betragen. Das wird z.Z. in dieser
Konsequenz bei der Errichtung von Windenergieanlagen nicht praktiziert,
obwohl damit ein Brandüberschlag auf den umliegenden Wald wirksam und
ohne großen Aufwand verhindert werden könnte. Nach §12(7) Thüringer
Waldgesetzes werden bei besonderen Gefahrenquellen Schutzstreifen
pauschal gefordert, ohne dabei die Spezifik der überdimensionalen
Windräder mit entsprechenden Abstandsflächen zu berücksichtigen.
Die Durchsetzung eines wirksamen vorbeugenden Brandschutzes würde
natürlich dazu führen, dass noch mehr Waldfläche dauerhaft vernichtet
wird.
Das Problem des Waldbrandschutzes wird seitens der Anlagenbetreiber
auf die lokalen Brandschutzämter und Feuerwehren abgewälzt, die im
Brandfall dieser „Herkulesaufgabe“ nicht gewachsen sind, wie
großflächige Waldbrände es gegenwärtig in anderen Bundesländern
aufzeigen.
Nach §1 des Thüringer Waldgesetzes ist der Wald vor Schadeinwirkungen zu schützen.
Wir wollen nicht, dass der Wald durch die Aufstellung von Windenergieanlagen zusätzlich gefährdet wird.
In Stadtlengsfeld und in den umliegenden Orten wie Weilar,
Urnshausen, Bad Salzungen, Hohleborn, Langenfeld, Hämbach, Leimbach,
Dietlas regt sich Widerstand der betroffenen Bürger gegen die Ausweisung
von Windenergie-Vorranggebieten im Wald.
Das einzige Potential was wir hier in der Region Rhön haben, ist die
wunderbare, noch unzerstörte Naturlandschaft. Sie ist die Basis für die
Wirtschaftszweige Kur und Tourismus. Auf Industrie können wir hier
nicht bauen. Wir wollen diesen Naturraum auch für die Zukunft bewahren
und schützen.